Das Inhaltsverzeichnis nennt diese Hauptkapitelüberschriften: Und raus bist du. Wie Kinderbücher zu Diskriminierung erziehen / Theorieteil / Praxisteil / Rassismus / Antisemitismus / Sexismus / Lookismus / Ausblick. Das Quellenverzeichnis beinhaltet sowohl Primär- und Sekundärliteratur.
Abb. https://unrast-verlag.de/produkt/und-raus-bist-du/
Der Einstieg ins Thema geschieht für Leser:innen leicht verständlich und setzt wenig voraus: „Die Perspektive schreibt immer mit. Ich weiß nicht mehr, wo ich diesen Satz gelesen oder gehört habe, aber er ist so wahr. Gerade wer-mit Menschen lebt oder arbeitet weiß, dass sich eine Geschichte, ein Ereignis, ein Sachverhalt aus einer anderen Perspektive vollkommen anders darstellen kann. Gefährlich wird es immer dann, wenn eine Person von sich selbst behauptet, neutral oder objektiv zu sein und die Wahrheit zu verkünden. In der Regel entpuppen sich diese >objektiven< Perspektiven in unserer Kultur als die von privilegierten weißen cis Männern.“ Hier ergänze ich, dass unter „cis Männern wie cis Frauen“ Menschen verstanden werden, die bei der Geburt aufgrund der äußeren Geschlechtsmerkmale einem Geschlecht zugeordnet werden und die sich mit diesem auch inklusive gesellschaftlich zugeschriebener Eigenschaften, Verhaltensweisen und Tätigkeiten identifizieren.
Für die Autorin sind die Kernfragen: „Warum lesen wir mit unseren Kindern? Was wollen wir dadurch erreichen?“ sowie „Doch finden sich alle Kinder in ihren Büchern wieder?“
Um diskriminierende Texte überhaupt als solche zu erkennen, bedarf es Wissen und Sensibilisierung. Weil kindliche Erfahrungen die Meinungen und Haltungen als spätere erwachsene Person prägen, ist die Auseinandersetzung mit allen Diskriminierungsformen wichtig. Kinder komplett von diskriminierenden Inhalten fernzuhalten, ist nicht möglich, doch sie kann in Kontexte gesetzt werden. Für Menschen, die Kinder beim Aufwachsen begleiten, also Pädagog:innen, Familienangehörige und Bekannte, ist es empfehlenswert, selbst immer- medienkritisch zu sein, sich fortwährend fortzubilden und zu reflektieren.
Zum Abschluss werden weitere hilfreiche Fragen aufgelistet, wie zum Beispiel: „Wie ist es um die Körpervielfalt bestellt? Sind alle Figuren normschön oder werden viele verschiedene Arten von Körpern repräsentiert?“ um soviel wie mögliche Aspekte abzudecken, um allen Art von Diskriminierung auf die Spur zu kommen.
Die Autorin Lisa Pychlau-Ezli ist freiberufliche Literaturwissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt Diskriminierungskritik. Da nach wie vor gesellschaftliche Ungleichheit und Diskriminierung übersehen, abgestritten oder unterschätzt werden, gibt sie mit diesem Buch eine hilfreiche Expertise an die Hand.
Persönliche und gesellschaftliche Überzeugungen sollten immer wieder hinterfragt werden. Darum erwähne ich hier auch das soeben erschienen Buch von Harald Meller, Kai Michel und Carel van Schaik mit dem Titel Die Evolution der Gewalt. Warum wir Frieden wollen, aber Kriege führen. Eine Menschheitsgeschichte. Hier wird dokumentiert, dass Kriege zu führen nicht mit der Natur zu begründen ist, sondern immer mit einer bestimmten Kultur verknüpft sind, konkret mit einer patriarchalen, denn 99% der Menschheitsgeschichte sind friedlich und kooperativ verlaufen. Also stellen wir doch bitte weiterhin alles, was wir lesen, in Frage!
Die Zusammenhänge realer Diskriminierung und jener in Kinderbüchern sind gut nachvollziehbar und weil diese immer noch Realität ist, ist dieses Buch Und raus bist du – Wie Kinderbücher zu Diskriminierung erziehen, ein guter Einstieg ins Thema.
Für all jene, die sich in dieses Thema vertiefen wollen verweise ich auf den Verein Efeu https://www.efeu.or.at , dessen Ziel ist, „Sensibilisierung für Sexismen in Schule, Bildung, Erziehung und Gesellschaft zwecks Veränderung der bestehenden Geschlechter-Machtverhältnisse“ (aus den Statuten) „Das Ziel unseres Vereins ist es, zur Geschlechtergleichstellung und zum Abbau von Geschlechterstereotypen in Bildungsorganisationen und gesamtgesellschaftlich beizutragen“
TB 256 Seiten, ISBN: 978-3-89771-623-0, Unrast Verlag 2024
€ 21,50
Nov. 2024
Rezension
Ilse M. Seifried, MA
https://www.i-m-seifried.at