Der Buchtitel macht aus einem Lebewesen eine Maschine, was irritierend und mehr als fragwürdig ist. Doch der Titel bremst mein Interesse an der Bienenforschung nicht und so bin ich neugierig, was der Inhalt bietet. Optisch ist das Buch ansprechend mit vielen bunten Abbildungen. Strukturiert ist es nach dem Vorwort in 10 Kapitel, denen ein Nachwort folgt. Die Themenbereiche sind die Sinneswelt der Bienen, ihr soziales Lernen, Persönlichkeitsunterschiede und schließlich die Frage, ob sie ein Bewusstsein haben.Abb. https://www.folioverlag.com/Im-Cockpit-der-Biene/978-3-85256-897-3
Der deutsche Autor Lars Chittka ist seit 2005 Professor für Sensory and Behavioural Ecology an der Queen Mary University of London und forscht auf den Gebieten der Entomologie, Evolutionsbiologie, Kognition, Sensorischen Ökologie und Verhaltensbiologie. Dass Chittka damit beginnt, die Bienen ganz und gar von Menschen abzugrenzen und Außerirdische ins Spiel bringt, irritiert ebenso, wie sein Vergleich, dass ihm der Insektenstaat wie ein „geschmiertes Getriebe“ erscheint. Für mich steht die Frage im Raum: Welches unzeitgemäße Welt- und Menschenbild hat dieser Forscher? Er fordert die Leser:innen auf Seite 9 auf, sich in eine Bienen hineinzuversetzen, als wäre es für viele Menschen nicht schon schwierig genug sich in andere Mitmenschen zu versetzen! Er tut damit etwas, was meiner Meinung nach zu vermeiden ist: die eigene Welt naiv über andere Wesen zu stülpen. Seine Forschungsergebnisse sind interessant und detailreich. Sie umfassen 270 Seiten Text und 51 Seiten Anmerkungen mit Literaturverzeichnis. Wer hätte gedacht, wie unterschiedlich die Lernleistung zweier Hummeln sein kann? Wer über die Vielfalt der Neuronenarten im Sehsystem der Biene Bescheid wissen will, wird nicht enttäuscht, der Wissenshunger gestillt.
Begrüßenswert ist das Anliegen des Autors, die Leser:innen zu überzeugen, dass Bienen ebenso schützenswert sind wie Tiere, denen subjektive Erfahrung zugebilligt wird. Er endet mit den Worten: „Wir verdanken den Bienen viel – und wir sollten uns entsprechend verhalten.“ Dem ist nichts entgegenzusetzen.
Jede:r Lesende braucht andere Bilder, Fakten und Geschichten, um zu neuen Einsichten zu gelangen, ein vertiefendes Verständnis zu entwickeln und Bedeutungen nachvollziehen zu können. Manche werden also Gefallen an Chittkas Stil finden, ich gehöre nicht dazu.
April 2024
Rezension
Ilse M. Seifried, MA
https://www.i-m-seifried.at
Wie sie denkt, fühlt und Probleme löst
Aus dem Engl. Von Karin Fleischanderl
323 Seiten; Hardcover
Folio Verlag 2024
ISBN 978-3-85256-897-3
€ 26,-
