Stellungnahmen

Integrationsmodell apfl-ÖLI-ug

Ausgangslage

Aktuell gibt es ein hohes Konfliktpotential an Wiens Schulen; verhaltensauffällige Schüler:innen, überforderte Kolleg:innen, (Demokratiefeindlichkeit, ethnische Konflikte, aus Fluchterfahrungen traumatisierte Kinder, männliche Jugendliche, die sich im Spannungsfeld  von Erwartungshaltungen, Orientierungslosigkeit und Perspektivenlosigkeit an patriachale Machtstrukturen klammern, toxische Männlichkeit und daraus resultierende Diskriminierung von Frauen, respektloses Verhalten im Umgang mit Mitschüler:innen und Lehrer:innen, u.v.m.).

Konflikte verhindern eine gute Lehr- und Lernatmosphäre; es gibt zu wenig Support, Bildungsverantwortliche setzen keine Maßnahmen – Vogel Strauß Politik. Keinerlei Präventionsmaßnahmen bzw. Reaktionen auf die aktuelle Situation.

Wir können unserer Aufgabe unter diesen Bedingungen nicht mehr gerecht werden und fühlen uns im Stich gelassen!

apfl-ÖLI-ug-Position

Wir sehen als einen der Hauptgründe für die aktuellen Eskalationen den Zustand des aktuellen Bildungssystem. Durch Segregation und fehlenden Maßnahmen im Bereich Integration wird Schule zum Aufbewahrungsort von Schüler:innen und Hotspot von Konflikten und Gewalt. 

Wir erachten die Entwicklung von Maßnahmen für eine weltoffene, tolerante, wertschätzende und vielfältige Schule für dringend notwendig und  fordern Politik und Bildungsverantwortliche auf, entsprechend zu handeln.

Aktuell gibt es in den Pflichtschulen Wiens eine hohe Dichte an Schüler:innen, die hier weder (sprachliche) Vorbilder, noch ihrer Situation entsprechende Unterstützung vorfinden. Viele Standorte sind Ghettos der Hoffnungslosigkeit und Symbol einer „Losergeneration“ geworden. „Loser“ wollen keine Loser sein und suchen daher Wege und Ventile. Rückzug, Depression und am augenscheinlichsten  – Aggression, sind die Folgen.

Daher fordert die apfl-ÖLI-ug eine GEMEINSAME SCHULE für ALLE mit zusätzlichen Maßnahmen!

Die folgenden Maßnahmen werden  für alle Schultypen gefordert, sie sollen ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand für Kolleg:innen erfolgen, verbindlich sein und umgesetzt werden.

1. Schulinterne Maßnahmen

  • Orientierungstage (-woche)  verpflichtende Workshops und Kurse im Rahmen von schulischen Projekten, die grundlegende Inhalte und Regeln für das Miteinander in unserer Gesellschaft und an der Schule bewusst machen.
  • Lehrmaterialien: Unterrichtsmaterialien sollten vielfältige kulturelle, soziale, geschlechtliche und historische Perspektiven einbeziehen. Lehrpläne sollten auch verschiedene Lebenswelten und Identitäten anerkennen.
  • Interkulturelle und Antidiskriminierungstrainings für Lehrkräfte und Schüler:innen: Regelmäßige, verpflichtende Workshops zur Sensibilisierung in Bezug auf Vorurteile, Stereotype und Diskriminierung.
  • Förderung von Sprachvielfalt: Schulen sollten mehrsprachige Angebote bereitstellen, um die Sprachkenntnisse und kulturellen Hintergründe der Schüler:innen zu fördern. Dies könnte durch die Anerkennung von Herkunftssprachen und zusätzliche Sprachförderangebote erreicht werden.
  • Demokratiebildung und Konfliktmanagement: Die Etablierung von Programmen zur Demokratiebildung, in denen Schüler:innen lernen, wie sie Meinungsverschiedenheiten konstruktiv und respektvoll austragen können. Hierbei können Klassenratssitzungen und Peer-Mediationsprogramme dabei helfen, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu lösen.
  • Förderung der Elternarbeit: Eltern sind oft überfordert und agieren hilflos. Sie sollen niederschwellige Unterstützung erhalten. Lehrer:innen sind keine Erziehungsberater:innen!

Es sollen externe dafür ausgebildete Expert:innen herangezogen werden. Durch interkulturelle Elterncafés und ähnliche Angebote könnte eine vertrauensvolle Basis geschaffen werden. Mehrsprachige Elternbriefe sollten dem besseren Verständnis dienen.

  • Integration von sozialen Projekten: Schaffung von Projekttagen oder Initiativen, bei denen Schüler:innen in soziale Projekte eingebunden werden, die das Verständnis für die Lebensrealität anderer fördern, wie z.B. Besuche in Flüchtlingsunterkünften, Senior:innenheimen oder Einrichtungen für Menschen mit Behinderung.
  • Bei verhaltensbedingten Suspendierungen: Betreuung der Schüler:innen durch entsprechendes ausgebildetes Personal

2. Forderungen an Bildungsverantwortliche

  • Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften: Lehrer:innen müssen umfassend auf den Umgang mit Heterogenität vorbereitet werden. Das Lehramtsstudium und Fortbildungsangebote sollten mehr verpflichtende Module zu Diversität, Inklusion und Interkulturalität enthalten.
  • Verankerung von Vielfalt: Im Lehrplan sollen kulturelle, religiöse und geschlechtliche Vielfalt als ein wichtiger Teil des Bildungsauftrags festgeschrieben sein, mit dem Ziel interkulturelle Kompetenz und eine diskriminierungsfreie Haltung zu fördern.
  • Diversität im Lehrpersonal: Es sollte aktiv darauf hingearbeitet werden, dass Lehrkräfte mit vielfältigen Hintergründen eingestellt werden.
  • Schaffung von Anlaufstellen: Eine entsprechende Abteilung, ein Expert:innenteam der BIDI und/oder des Ministeriums soll damit beauftragt werden und entsprechende Materialien, bzw. Kursangebote und Personal zur Verfügung stellen. Die Abteilung „Menschenrechte/Demokratie und Integration“ soll externe, bereits bestehende Plattformen und Initiativen aktualisieren, bündeln, verfügbar machen, damit präventive Maßnahmen gesetzt werden können. Außerdem soll sie im Eskalationsfall während der Unterrichtszeit eine jederzeit verfügbare Anlaufstelle  für Kolleg:innen sein. 
  • Zielgerichtete Ressourcenverteilung: Schulen, die besonders viele Herausforderungen im Bereich der Diversität oder Integration haben, sollten gezielt unterstützt werden, sei es durch zusätzliche  finanzielle Mittel, spezielle Förderprogramme oder mehr Personal.
  • Ganztagsschule: Die Bereitstellung von ganztägigen Schulformen soll die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern, soziale Ungleichheiten reduzieren, eine bessere Förderung aller Schüler:innen ermöglichen und sinnvolle Freizeitangebote bereitstellen. Voraussetzung dafür sind optimale räumliche und ausstattungsmäßige Bedingungen.

3. Gesellschaftliche Forderungen

  • Aufklärungskampagnen: Bildungspolitik sollte von öffentlichen Kampagnen begleitet werden, die Vorurteile abbauen und die Gesellschaft für die Notwendigkeit von Toleranz und Vielfalt sensibilisieren.
  • Stärkung der politischen Bildung: Politische Bildung sollte in den Schulen eine zentrale Rolle spielen, um demokratische Werte, Toleranz und die Bekämpfung von Extremismus nachhaltig zu fördern.

Insgesamt sollten all diese Maßnahmen und Forderungen darauf abzielen, eine Schulkultur zu schaffen, die Unterschiede als Bereicherung sieht und in der alle Schüler:innen unabhängig von ihrem Hintergrund gleiche Chancen und einen respektvollen Umgang miteinander erleben.